Mario Möller, Inhaber der Ton- und Lichtfabrik

"Wir leben im Land der Dichter und Denker. Ohne uns ist es still. Du kannst halt nicht nur arbeiten und abends auf der Couch liegen, es muss auch etwas dazwischen geben!", beginnt Mario Möller unser Gespräch. Mario ist Meister für Veranstaltungstechnik. Außerdem ist er ein echt cooler Typ, unglaublich sympathisch und er redet fast so schnell und viel wie ich. Sein Unternehmen "Ton- und Lichtfabrik" ist seit 1997 erfolgreich am Markt. 20 Festangestellte arbeiten für und mit ihm sowie fünf Auszubildende.

 

"Ich habe in derfünften Klasse angefangen, Schul-Disco zu machen. In den 80ern war ich staatlicher Schallplattenunterhalter. Dabei hast du hier im Osten nicht mal vernünftige Titel auf Vinyl bekommen. Mitter der 90er wurde dann mein Betrieb aufgelöst. Daraufhin habe ich mich selbstständig gemacht. Angefangen habe ich mit zwei Boxen und einem kleinen Mischpult. Mittlerweile besitzen wir 3500 Quadratmeter Lagerfläche. Und da liegt nun alles rum und wird nicht ordentlich und dem Zweck entsprechend genutzt."

 

Anfang März 2020 konnte Mario seine letzte große Veranstaltung durchführen, danach war Schluss.

 

"Ich hatte pure Panik. Im Minutentakt kamen die Absagen rein, sogar für Events im Oktober. Da wussten wir nicht, wie wir weitermachen sollen. Das beruhigte sich erst, als die Überbrückungshilfen im Mai / Juni aktiviert wurden. Da konnte ich nachts auch mal wieder schlafen. Im Sommer waren wir dann etwas beschäftigt, hauptsächlich mit kleinen Veranstaltungen. Ein bisschen war der Sommer 2020 ja auch schön. Ich hatte mal Zeit zum Grillen und Wandern. Gefühlt jeden Stein in der Nähe kenne ich jetzt persönlich mit Namen. Das ist aber dauerhaft nichts für mich. Und wirtschaftlich ist das schon gar nicht. Die wenigen Veranstaltungen haben hinten und vorne nicht gereicht. Ich meine, wir haben allein 80.000 Euro Betriebskosten im Monat. Ich lebe seit März 2020 quasi ohne Lohn. Und das nicht, weil ich schlecht gewirtschaftet habe, im Gegenteil. Schon Mitte 2019 war der Terminkalendr für 2020 voll. Doch was nützt das, wenn alles abgesagt und verschoben werden muss? Es ist deprimierend. Durch den einjährigen Lockdown verlierst du den Mut und die Beziehung zur Branche.

 

Und ich mache mir keine Illusion, dass dieses Jahr noch irgendetwas passiert. Die großen Festivals sind ja eh schon alle abgesagt. Das Niveau von 2019 und den Vorjahren zu erreichen, das wird in den nächsten fünf Jahren nicht passieren. Das ist extrem hart für die Branche. Alle hängen irgendwie in der Luft. Die mit vernünftigen Konzepten werden wahrscheinlich durchkommen, alle anderen nicht. Es wird viele Sponsoren nicht mehr geben. Es wird viele Einschnitte geben. Festivals in der Menge und in dem Überfluss wird es wahrscheinlich gar nicht mehr geben."

 

Mario kennt genug Kollegen aus der Branche, die aus diesem Grund nun etwas Fachfremdes machen. Ein Bekannter von ihm arbeitet jetzt als Fahrlehrer, ein anderer als Elektriker.

 

"Viele werden dem Beruf den Rücken kehren. Das ist ein echtes Drama. Für mich unvorstellbar. Dieser Beruf ist mein Leben, er wird es auch immer sein. Ich lebe das mit Herz und Seele. Ich habe so viel Positives erlebt, so viele tolle Menschen kennengelernt. Ich habe viele Länder gesehen. Alles durch den Job. Ich brauche die Abwechslung. Ich brauche es, geistig immer wieder gefordert zu sein, Krisenmanager zu sein. Ich brauche die Nacht ohne Schlaf. Ich will durchgeschwitzt und verdreckt sein und stolz darauf, dass meine Vorstellungen des Bühnendesign umgesetzt wurden und das dann den Künstlern und dem Publikum gefällt. Die Anerkennung, die du auf diese Weise erhältst, das ist das Brot des Veranstaltungstechnikers."

 

Deshalb bleibt Mario kreativ und macht weiter. Nicht nur für sich, auch für sein Team.

 

"Wenn du so gar nichts zu tun hast, wird das schnell zu einem psychologischen Problem. Dann hast du nicht mehr nur den wirtschaftlichen Druck von außen, sondern auch den Druck von innen. Zum Glück sind wir schon immer weit und breit aufgestellt gewesen. So können wir unser Materiel sinnvoll anders nutzen. Im Sommer haben wir zum Beispiel die Platzverstromung für einen Street Food-Anbieter gemacht. Vieles findet jetzt in Online-Form statt, da regeln wir das Streaming. Wir machen sogar Messebau für Impfzentren. Messewände haben wir viele da. Das ist alles nicht das, was wir sonst machen. Und alles nichts, bei dem wir kreativ arbeiten können. Aber immerhin. Wir verlieren die Hoffnung nicht.

 

Für die Zukunft wünsche ich mir Veranstaltungen, ausreichend viele und ausreichend große. Ich wünsche mir, mal wieder am Tonpult zu stehen oder eine echt coole Show mit schönem Licht zu machen. Ich wünsche mir, dass bald wieder Leute zusammenkommen können. Kultur vermittelt soziale Aspekte. Es finden Freundschaften statt, Austausch. Emotionen und Freude werden geteilt. All das ist lebensnotwendig. Der Mensch ist ein soziales Gruppentier. Es geht nicht ewig gut, alle einzusperren.

 

Wir sind relevant.
Was wir tun, ist von Bedeutung.

 

Wir schaffen Impressionen.
Wir erzeugen Spektakel.
Wir vermitteln Gemeinschaft und Nähe.
Wir lösen Emotionen und Gefühle aus.
Wir erleuchten den Alltag.
Wir setzen die Künstler angemessen in Szene.

 

Wir sind relevant."