Nicky Könnecke, Inhaber des WhiteSkull-Tattoo- und Piercing-Studios
Nicky Könnecke ist wütend. Der Tätowierer und Inhaber des WhiteSkull – Tattoo- und Piercing-Studios in Halle ist einer von vielen kreativen Selbstständigen, die aufgrund des Lockdowns gar nicht bzw. nur unter sehr eingeschränkten Bedingungen ihren Berufungen nachgehen können.
„Das, was wir gerade führen, ist doch kein Leben! Und es gibt keine ordentliche Perspektive. Auf. Zu. Auf. Zu. Ich habe einfach keine Lust mehr. Ich will mir vom Staat nicht meine Existenz zerstören lassen.“ Nicky findet sehr deutliche Worte für die aktuelle Situation.
„Ich stehe auf Demokratie und ich glaube, dass wir uns aktuell langsam davon entfernen. Meine Vorstellung von Demokratie umfasst verschiedene Meinungen, einen Austausch miteinander und einen echten Diskurs. Deswegen sage ich immer, was ich denke. Leider ist man damit, besonders derzeit, nicht gern gesehen.“ Schnell wird man als „Querdenker“ oder „Corona-Leugner“ bezeichnet, wenn man verschiedene Maßnahmen kritisiert. Eine Tatsache, die Nicky frustriert.
„Man braucht die „Nörgler“ für eine echte Diskussion. Es gibt einfach keine schönen Worte mehr für dieses „Haltet mal noch drei Monate durch – oder eben länger“. Als Selbstständiger fühle ich mich einfach im Stich gelassen.“
Mit zwölf Jahren haben Nicky und ein Kumpel angefangen, sich selbst zu tätowieren. Da wurde die Leidenschaft für die Farbe unter der Haut geboren. Seit 2008 ist er Inhaber seines eigenen Geschäfts.
„Das Talent des Zeichnens wurde mir in die Wiege gelegt, hat meine Mutter immer gesagt. Ich suche keinen höheren Sinn in meiner Tätigkeit. Ich bin nur ein Staubkörnchen auf der Erde und tue, was ich liebe. Ich kann mir auch nichts anderes für mich vorstellen. Jeder Mensch hat verdient, das zu tun, was ihn glücklich macht!“
Seit März 2020 war bzw. ist das aufgrund der Lockdown-Bestimmungen leider für viele Menschen nicht mehr möglich.
„Es war einfach ätzend. Ich hatte Existenzbedenken. Zum Glück kamen die Hilfen recht zügig. Immerhin war so der Laden abgedeckt. Der zweite Lockdown kam und es war wesentlich schwieriger, die Überbrückungshilfen zu beantragen. Die Bürokratie wurde auf einmal viel komplizierter. Aber mal ehrlich: Wenn der Staat mir die Arbeit verbietet, muss er doch dafür sorgen, dass ich überleben kann. Vor dem Lockdown konnte ich meine Fixkosten locker allein tragen und für meine Familie sorgen. Mittlerweile muss ich Unterstützung bei der ArGe beantragen. Total grotesk.“
Grotesk findet er auch, dass seine Branche erst so spät wieder öffnen durfte – und dann wieder schließen musste.
„Ich meine, ich bin Tätowierer. Wir lieben Desinfektionsmittel! Die Schicht meiner Hände besteht quasi nur noch daraus. Wir sind eine Branche, in der alle Hygienemaßnahmen sowieso schon höchst penibel eingehalten werden. Das ist Grundvoraussetzung für die Tätigkeit in meinem Geschäft.
Mit gesundem Menschenverstand lassen sich verschiedene Maßnahmen leider nicht mehr erklären. Du kannst es nur noch mit Humor nehmen, etwas anderes bleibt dir gar nicht mehr übrig. Es bringt ja auch nichts, mit Angst ins Bett zu gehen und mit Angst aufzustehen.“
Also konzentriert Nicky sich auf die positiven Dinge in seinem Leben, wie auf sein jüngstes Familienmitglied, das während des Lockdowns zur Welt kam. Oder auf seine Kunst, mit der er sich immer wieder neu auseinandersetzt.
„Ich bin der Auffassung, dass Kunst etwas ist, das nur jeder für sich selbst beurteilen kann. Kunst ist dehnbar. Kunst entwickelt sich. Kunst muss wachsen. So tätowiere ich auch. Die meisten Leute kommen mit Ideen zu mir, dann kann mein Geist arbeiten und sich frei entfalten. So kreiere ich das perfekte Bild für jeden. Und ich bin der Meinung, dass kein Staat der Welt das Recht hat, Menschen in ihrer Selbstverwirklichung so lange so extrem einzuschränken. Es muss eine andere Lösung geben, um der Situation Herr zu werden.
Ich bin relevant.
Was ich tue, ist von Bedeutung.
Ich schaffe Kunst, die unter die Haut geht.
Ich stärke das Selbstbewusstsein.
Ich unterstütze den Drang nach Selbstverwirklichung.
Ich lasse durch Kreativität noch mehr Individualität entstehen.
Ich bin relevant.“