Manuela Krahl, Eventmanagerin bei 89.0 RTL und Radio Brocken
383 Tage.
Das sind 9192 Stunden, 551520 Minuten.
So lange befindet sich Manuela Krahl am Tag unseres Shootings bereits im Dauer-Lockdown.
Manuela arbeitet als Eventmanagerin für 89.0 RTL und Radio Brocken. Gemeinsam mit ihren Kolleginnen und Kollegen macht sie auf Veranstaltungen Radio zum Anfassen möglich, als Sprachrohr zwischen dem Sender und den Hörern. Seit über 20 Jahren ist sie in dieser Branche unterwegs und hat eine ganze Menge erlebt.
"Aber auf eine Situation wie diese war ich echt nicht vorbereitet", erzählt sie mir Kopf schüttelnd. "Mein Handy hat sonst den Status von einem Herzschrittmacher, es ist also ein dauernder Begleiter. Ich musste mich erst daran gewöhnen, dass es nicht mehr klingelt.
Als der erste Lockdown kam, mussten wir von 200 auf 0 innerhalb kürzester Zeit herunterfahren. Anfangs dachte ich noch: "Wie schön, eine kurze Auszeit!" Da war mir noch nicht klar, dass dieser Stillstand von Heute auf Morgen eine komplette Umstellung meines Lebens bedeuten würde. Das Ausmaß war nicht abzusehen."
Manuela ist ein echtes Energiebündel. Ich empfinde das Gespräch mit ihr als sehr inspirierend und muss oft über ihre Anekdoten lachen. Ein toller Mensch, eine echte Powerfrau, die mit beiden Beinen voll im Leben steht.
"In dieser Branche bleibst du jung!", lacht sie. "Diesen Job musst du wollen. Da musst du einen Knall dafür haben. Das ist kein Beruf, das ist eine Lebenseinstellung. Ich begleite mit meinen Kollegen gemeinsam über 300 Veranstaltungen im Jahr, arbeite manchmal bis zu 70 Stunden in der Woche. Da habe ich keine Zeit für Hobbys. Die brauche ich aber auch nicht, denn mein Beruf ist mein Hobby. Durch den Lockdown bin ich in ein echtes Loch gefallen. Mittlerweile plagen mich auch immer öfter Selbstzweifel. Dieser Stillstand ist furchtbar. Ich frage mich, ob ich eigentlich noch kann, was ich so liebe, oder ob ich nicht zu sehr eingerostet und bequem geworden bin. Meine Kollegen und ich bauen uns dann gegenseitig auf. Doch nichts füllt diese Lücke auf, die der Job hinterlassen hat. Wir leben und wir brauchen unsere Jobs!"
Und unser Land braucht Menschen wie Manuela! Laut Angaben der Süddeutschen Zeitung macht die Kultur- und Kreativwirtschaft 174 Milliarden Euro Jahresumsatz, allein sechs Milliarden werden durch die Branche der Eventmanager erarbeitet.
"Ich finde schon, dass das für unser Land relevant ist! Natürlich sind Menschenleben nicht mit Geld aufzuwiegen. Doch es muss auch Perspektiven für unsere Branche geben. Wir müssen einen Weg finden, damit umzugehen, ohne so viele Existenzen zu gefährden. Ich befinde mich seit über einem Jahr im Berufsverbot und ein Ende ist nicht absehbar. Obwohl unsere Kunden in den Startlöchern stehen, denke ich nicht, dass etwas für August geschehen wird. Was uns letztes Jahr über den Sommer gebracht hat, waren die disziplinierten Menschen. Das fehlt jetzt. Verständlicherweise! Nach über einem Jahr sind die Leute es leid. Vorsicht und Disziplin gehen bei vielen verloren. Und leider geht auch das Impfen viel zu schleppend voran."
Eine Lösung für diese Problematik hat Manuela schon erwogen. Sie ist sicher nicht die Erste, die diesen Gedanken hat.
"Über zwei Millionen Eventmanager sitzen derzeit gezwungenermaßen ohne Arbeit zu Hause. Wir stehen bereit. Lasst uns doch die Impf-Kampagne übernehmen und erfolgreich organisieren, denn das ist unser Job. Im Organisieren sind wir Profis! Doch in Deutschland steht uns die Bürokratie im Weg. So kommen wir natürlich nicht gut voran.
Mir fehlen meine Kunden. Mir fehlen unsere Hörer. Ich bin ein kommunikativer Mensch. Soziale Kontakte sind unglaublich wichtig für mich, nicht nur beruflich, sondern auch für mein Wohlbefinden. Es fehlt mir sehr, unter Menschen zu sein. Ich verlange ja nicht viel. Die kleine Normalität soll zurückkehren. Ich möchte endlich wieder andere in den Arm nehmen. Mittlerweile habe ich Angst, ob wir das überhaupt jemals wieder ungezwungen tun werden oder ob diese Form der Nähe nicht generell gerade ausstirbt."
Doch Manuela ist nicht der Typ dafür, in Hoffnungslosigkeit zu versinken. Sie ist und bleibt ein positiver Mensch.
"Für jeden Kundentermin bin ich dankbar. Ich fühle mich wieder richtig lebendig, wenn wir planen und Konzepte für mögliche Veranstaltungen erarbeiten können. Da rauchen die Köpfe. Genau das brauche ich! Und die Menschen brauchen uns, als Wohlfühlfaktor für Kopf, Herz und Gefühl.
Ich bin relevant.
Was ich tue, ist von Bedeutung.
Ich schaffe eine Auszeit vom Alltag.
Ich ermögliche Kurzurlaube für das Gemüt.
Ich stehe für unvergessliche Momente und unzählige Emotionen.
Ich bereite über 100.000 Menschen jährlich eine tolle Zeit.
Ich bin wandelnder Terminkalender, Kommunikationstalent und Künstlerflüsterin.
Ich bin relevant."